Gedenkstunde zu August Macke
Von Thomas Kliemann
Macke-Freunde in freudiger Erwartung des Erweiterungsbaus: (von links) Til Macke, Jürgen
Nimptsch, Klara Drenker-Nagels, Christoph Siemons und Hermann Neusser im Leoninum. Foto:
Volker Lannert
Nachdem er das August Macke Haus als "wichtiges Zentrum für die Dokumentation des Rheinischen
Expressionismus" gewürdigt und den geplanten Erweiterungsbau des Wohn- und Atelierhauses von
August Macke als Meilenstein für die Aufwertung der Bonner Nordstadt bezeichnet hatte, zog er
gewissermaßen die von Verein August Macke Haus wie von der Stiftung August Macke Haus der
Sparkasse in Bonn heiß ersehnte Baugenehmigung aus der Mappe.Für Christoph Siemons,
Vorsitzender der Stiftung, steht nun einer Realisierung nichts mehr im Weg. Geplant ist die
Grundsteinlegung des Erweiterungsbaus nach Plänen von Karl-Heinz Schommer im Mai/Juni
kommenden Jahres. Das "Juwel im Bonner Norden" (Siemons) soll Ende 2016 eröffnet werden. "Es
wird Zeit, dass wir mehr Platz haben", sagte er im Hinblick auf die drangvolle Eröffnung der
Ausstellung "Das (verlorene) Paradies" am vergangenen Donnerstag im Macke Haus.
Til Macke, Enkel von August Macke, reagierte sehr emotional auf das Mitbringsel des OB: "Ich
bin glücklich, dass es jetzt losgeht", dankte er im Rahmen der "rund 40" Nachfahren August
Mackes und erinnerte an den Todestag, der gestern begangen wurde: "Dieser traurige Tag ist
ein Neuanfang." An den großen Verlust, den August Mackes Tod auf dem Schlachtfeld in der
Champagne für die Kultur bedeutete, erinnerte Hermann Neusser, Vorsitzender des Vereins
August Macke Haus: "Mit ihm verlor die damalige Kunstwelt eines ihrer bedeutendsten
Talente."Klara Drenker-Nagels, die Direktorin des August Macke Hauses, und der Pianist
Michael Rische hatten für die Feierstunde im Leoninum ein würdiges, streckenweise sehr
berührendes literarisch-musikalisches Programm zusammengestellt, in dessen Zentrum August
Mackes Feldpostbriefe und die Erinnerungen von Elisabeth Macke standen. Birte Schrein und
Timo Berndt gestalteten diesen mitunter an die Nieren gehenden Erinnerungspart mit viel
Gefühl für jene unbeschreibliche Dynamik.Gerade noch war Macke voller Eindrücke von der
Tunisreise zurückgekehrt, hatte sich im wahren Schaffensrausch die Erlebnisse von der Seele
gemalt, da spitzte sich die Lage durch das Attentat in Sarajewo zu. Am 8. August 1914 zieht
er in den Krieg, schreibt am 13. August vom Müßiggang im Feld und dass man schon das
Hurra-Schreien geübt habe, dann wird das Wetter schlechter. Ab Ende August ist der Krieg
bittere Realität. "Es ist alles so grauenhaft", schreibt er, seine Kompanie wird buchstäblich
aufgerieben. Sein letzter Brief: Bitte um Schokolade und warme Socken. Zwei Tage später ist
August Macke tot. Er ist 27 Jahre alt geworden.Risches musikalisches Programm setzte mit der
unmittelbar nach Kriegsausbruch von Claude Debussy komponierten Berceuse Héroïque ein, die
dem von den deutschen Truppen überfallenen belgischen König und seinen Soldaten gewidmet war.
Von Dietrich Erdmann, dem 1917 geborenen Sohn von Elisabeth Macke-Erdmann und Augusts engem
Freund Lothar Erdmann, waren drei sehr eindrückliche Epigamme zu hören. Höhepunkt des
musikalischen Teils war das von Rische atemberaubend gemeisterte Stück "Le Tombeau de
Couperin" von Maurice Ravel. Jeweils einen Satz hatte Ravel einem im Krieg gefallenen Freund
gewidmet. Die gefesselten Zuhörer wurden von einem eher leichten Prélude über verschiedene
Tänze bis zu einer Toccata geführt, in der sich grollend, dumpf und zugleich funkelnd wahre
Naturgewalten entluden. Der beklemmende Abschluss eines denkwürdigen Abends.Am Vormittag
hatte der Verein der Freunde und Förderer des Alten Friedhofs noch zu einer Gedenkfeier an
Elisabeth Mackes Grab-Stele eingeladen, an der eine Erinnerungstafel an August Macke mit den
Zeilen "Bei mir ist Arbeiten ein Durchfreuen der Natur" eingelassen ist. Mit Meldungen aus
der damaligen Tagespresse - General-Anzeiger, Bonner Zeitung und Deutsche Reichszeitung -
wurde die Zeit rund um den 26. September 1914 beleuchtet. Vom Grauen an der Westfront
erfuhren die Bonner kaum etwas.Wenige Wochen zuvor, am 8. August, hatte August Macke Bonn mit
der 5. Kompanie in Richtung Luxemburg und Champagne verlassen. Auf Höhe des Alten Friedhofs
standen Mackes Frau Elisabeth, ihre Mutter und das Söhnchen Walter mit Spielzeugsäbel und
Helm, um Macke zuzuwinken, bis der Zug mit den Bonner Soldaten am Horizont verschwunden
war.
GA, Artikel vom 27.09.2014