Deutschlandradio Berlin 26.09.2004
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Tod von August Macke und Hermann Löns 26.09.1914
Zwei Männer - beide sind berühmt bis heute. Beide waren Kulturschaffende. Aber mehr haben
sie im Grunde nicht miteinander zu tun. Der eine ein deutschtümelnder Heimat- und Naturdichter,
der andere einer der fortschrittlichen Maler seiner Zeit. Hermann Löns und August Macke. Was
die beiden verbindet, ist ihr Todestag und die Umstände ihres Todes. Sowohl Hermann Löns als
auch August Macke starben am 26. September 1914, vor 90 Jahren. Beide fielen an der Westfront
des Ersten Weltkrieges.
August Macke, (...), ist tot ... Der gierige Krieg ist um einen Heldentod reicher, aber die
deutsche Kunst um einen Helden ärmer geworden. Schrieb der Maler Franz Marc im Oktober
1914 über seinen jungen Kollegen, der am 26. September 1914 gefallen war. Er war nicht der
einzige bekannte Deutsche, der an diesem Tag in den ersten Wochen des Ersten Weltkriegs ums
Leben kam. Auch der als "Heidedichter" berühmt gewordene Hermann Löns fiel am 26. September,
ebenfalls an der Westfront.
Französische und englische Truppen hatten Anfang September in der Marneschlacht den bis dahin
erfolgreichen deutschen Vormarsch gestoppt. Aus dem Offensivkrieg wurde ein Stellungskrieg mit
immer neuen Angriffen von beiden Seiten. In diesen Gefechten kamen am 26. September in der
Champagne der 27-jährige Macke und der 48-jährige Löns ums Leben.
Ist das eine herrliche Zeit. Mensch, das Leben ist so schön jetzt, dass es sich lohnt zu
sterben. So hatte Hermann Löns den Kriegsausbruch bejubelt. Er setzte alle Hebel in
Bewegung, um trotz seines Alters und schlechten Gesundheitszustandes als Soldat angenommen zu
werden.
August Macke, der im Gegensatz zu Löns Militärdienst geleistet hatte, wurde bereits am 1.
August, als Deutschland Russland den Krieg erklärte, als Unteroffizier eingezogen. Seine Witwe
Elisabeth Erdmann-Macke berichtet in ihren Erinnerungen, Macke weit vom damals herrschenden
"Hurra-Patriotismus" entfernt gewesen, er habe "schlicht und selbstverständlich" das getan, was
er für seine Pflicht hielt. Zwei Wochen vor seinem Tod schrieb Macke an seine Frau:
Der Krieg ist von einer namenlosen Traurigkeit. Man ist weg, eh man's merkt. (...) Die
Leute, die in Deutschland im Siegestaumel leben, ahnen nicht die Schrecklichkeit des Krieges.
Aber ich bin guten Mutes und gesund, und ich weiß, wofür ich gestorben bin, wenn wir den Sieg
behalten und unsere Gaue von diesen Verheerungen verschont bleiben, denen Frankreich anheim
fällt.
Obwohl auch Hermann Löns schnell die Wirklichkeit des modernen Krieges kennen lernte, wollte er
sich nicht von seinem schwärmerischen Ideal des Kampfes Mann gegen Mann trennen, den er in
seinem Bauernkriegsroman "Der Werwolf" und in der abgewandelten Form Mensch gegen Tier in
seinen bis heute beliebten Jagdgeschichten verklärte. So zeigen seine kurzen
Tagebuch-Eintragungen zwar durchaus Frustration angesichts des Kriegsalltags:
Augen voll Dreck. Nase, Gesicht, Hände voller borkiger Wunden. Ein
Schweineleben.
Doch im Gegensatz zu August Macke zeigte Löns weder Mitleid mit den Franzosen, deren Land
verwüstet wurde, noch irgendeine andere Art von Kritik am Kriegsgeschehen. Stattdessen
beherrscht ihn Ungeduld und die Hoffnung, endlich die Gelegenheit zu bekommen, sich bei einem
reinigenden Zweikampf mit dem "Feind" als der Stärkere zu erweisen:
Wie wird der Tag werden? Wieder so tatenlos wie der letzte?
Seine letzte, jubelnde Eintragung ist vom 25. September, einen Tag vor seinem Tod:
Frohe Stimmung, und es geht in die Linie.
Das unterschiedliche Verhalten der beiden Männer macht zwei gegensätzliche Geisteshaltungen
deutlich, die jede auf ihre Art typisch für die damalige Zeit waren. Der trotz seiner Jugend
schon erfolgreiche Maler August Macke war bereits ein Kind der Moderne und dachte
international: Er war viel gereist, hatte Kontakte ins Ausland, vor allem nach Frankreich,
dessen Impressionisten ihn künstlerisch sehr beeindruckt hatten.
Der 1866 geborene Hermann Löns dagegen gehörte zu den Menschen, die von der rapiden
Modernisierung der Welt und der damit verbundenen Auflösung traditioneller Strukturen
verunsichert waren.
Löns flüchtete sich in seinen Jagdgeschichten und -gedichten in die angeblich heile Naturwelt
der Heide. Und in den Nationalismus, der ihm das Gefühl von klaren Grenzen gab - und damit ein
Gefühl von Sicherheit. So schrieb er schon 1890:
Alles, was undeutsch ist, hinaus. (...) Ich erwarte in dieser Hinsicht viel von unserem
Kaiser. Möchte er auch nur das thun, was vor allem notwendig: (...) Russland vernichten,
Frankreich beruhigen oder auch vernichten (...).
Kein Wunder, dass die Nationalsozialisten Hermann Löns zwei Jahrzehnte nach seinem Tod zu einem
Helden glorifizierten. Das ging so weit, dass seine angeblichen Gebeine, die ein französischer
Bauer beim Pflügen gefunden haben sollte, am 2. August 1935 mit Pomp und militärischen Ehren im
Tietlinger Wacholderhain bei Fallingbostel beigesetzt wurden. Bis heute ist das "Löns-Grab", in
dem aller Wahrscheinlichkeit nach ein unbekannter Soldat liegt, ein oft besuchter Ausflugsort
von Naturliebhabern und Löns-Anhängern.
Die sterblichen Überreste von August Macke wurden nie geborgen. Er war einer der zahllosen
Soldaten, die an der Westfront liegen blieben - gefallen in den Gefechten, die nichts am
Frontverlauf änderten, bis die deutsche Heeresleitung nach vier Jahren Gemetzel im Herbst 1918
den Krieg endlich verloren gab.
Hermann Löns und August Macke fallen im Ersten Weltkrieg
Vor 90 Jahren
von Petra Witte
Deutschlandradio 2004
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