In den kommenden Jahren
werden nach und nach folgende Titel im Kid
Verlag, Bonn, herausgegeben werden:
(Autor/in, Nation, Jahr der Reise)
1. Schoenebeck (DE) 1783,
erschienen
2. Bertola (IT) 1787,
erschienen
3. Gardnor (GB) 1787,
erschienen
4. Lang (DE) 1789,
erschienen
5. Forster (DE) 1790,
erschienen
6. Cogan (GB) 1791/92
(deutsch + englisch), erschienen
7. Wakkerbart
(DE) 1791, erschienen
8. Janscha/Ziegler
(AT/CZ) 1792, erschienen
9. NN
(Godesberg) (DE) 1792, erschienen
10. Ann Radcliffe
(GB) 1794, erschienen
11. Becker
(DE) 1798
12. Arndt (DE) 1799
13. Klebe (DE) 1801
14.
Schreiber (DE) 1806
15. Carr (GB) 1806
16. Johanna
Schopenhauer (DE) 1816
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Diese Reihe stellt 16
Reiseberichte aus den Jahren 1783 bis 1816 vor, die dem geneigten
Publikum die Schönheiten und Sehenswürdigkeiten des Rheintals
zwischen Mainz und Düsseldorf, auch in Teilabschnitten,
schilderten. Vier Autoren sind Briten, ein anderer Italiener; zwei
Autoren sind weiblich. Die Reihe beginnen SCHOENEBECK (DE),
BERTOLA (IT) und GARDNOR (GB), die unmittelbar vor dem
Schicksalsjahr 1789 den Rhein bereisen und von denen der eine oder
andere Schriftsteller später ausdrücklich oder heimlich
abschreibt. Bei ihnen und ihren Nachfolgern kommen zusammen
a)
der Drang nach enzyklopädischem Wissen,
b) das
Reisebedürfnis höherer gebildeter Schichten,
c) in Teilen
das Aufkommen der Mittelalter-Begeisterung (Burgruinen,
Ritterthemen),
d) die Aufgeschlossenheit und Begeisterung für
die Erscheinungen der Natur – im Vorgriff auf die Romantik,
e)
in Teilen die Auseinandersetzung mit dem ancien regime am Rhein –
zunächst als Rechtfertigung, später als Abrechnung.
Einige
Berichte sind um die Abschnitte, die sich nicht mit dem Rheintal
befassen, gekürzt worden, z. B. (Forster, 1791).
Schönheiten:
Überschwenglich werden die Schönheit des Rheintals gepriesen,
die Natur, die Architektur und die Werke der bildenden Kunst.
Gelobt wird zuweilen der Fleiss der Menschen, ihre Umgänglichkeit
und Freundlichkeit – abgesehen von den groben und bigotten
Kölnern.
Mißstände: Die drei Kurfürsten
und ihre unmittelbaren Vorgänger werden von mehreren Autoren
regelrecht gelobt für ihr soziales Engagement, die Förderung der
bildenden Kunst und der Wissenschaften und vereinzelt sogar für
ihre liberale Einstellung. Der Adel kommt unterm Strich –
Einzelfälle ausgenommen – auch noch glimpflich davon.
Erschreckend negativ wird durchgängig der Klerus – Mönche,
Nonnen, Priester – bewertet: Fresser, Säufer, Hurenböcke,
Volksverdummer, Dummschwätzer sind die Etiketten, die ihnen von
mehreren angeheftet werden – mit entsprechenden Belegen. Ähnlich
miserabel sind die französischen Emigranten von Adel und Klerus
dargestellt: Durch Ignoranz und Arroganz fallen sie
auf.
Frankreich: Nur sehr versteckt, und
dann auch nur von den Klubbisten, wird dem Eroberer Frankreich in
den späteren Berichten dafür gedankt, dass die Grundrechte im
Rheinland eingeführt wurden. Die real existierenden Franzosen vor
Ort, in Mainz, Koblenz, Bonn oder Köln werden als egoistisch,
raffgierig oder Banausen dargestellt; ihr Betragen sei der
republikanischen Idee abträglich.
Einzelne Themen
werden sehr ausführlich behandelt: der Vulkanismus in der Eifel
und am Rhein; der Weinbau mit seinen sozioökonomischen
Begleitumständen; die Historie, die durchaus von der Sage
geschieden wird, für die römische Zeit jedoch unscharf ist
(Überbewertung des Drusus); die Namensherleitung, die zeitbedingt
meist fehlerhaft ist (Hunsrück, Bacharach, Godesberg); vereinzelt
Schlachten am Rhein. Juden werden nur am Rande – z. B. in Köln
– erwähnt. Breiten Raum nimmt die Gemeinde der Herrnhuter ein,
deren Bewertung unterschiedlich, überwiegend aber doch negativ,
ausfällt.
In die 1790er Jahre fällt die Expansion der
französischen Republik, die die sozialen und ökonomischen
Verhältnisse auf dem linken Rheinufer mächtig durcheinander
wirbelt. Die Berichte spiegeln diese Umwälzung wider: während
der eine (SCHREIBER) noch bedauernd die pittoreske Ärmlichkeit
der Landleute schildert, wettern andere (BECKER und KLEBE) über
die erbärmliche, durch die Kirche verursachte Rückständigkeit
der Bauern. Überhaupt schaut der in Koblenz geborene BECKER, der
zu den Mainzer Republikanern gehörte, viel genauer hinter die
beschauliche Kulisse als die anderen Autoren.
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