Ein Zeitgenosse berichtet:

Es waren zerlumpte und durch die Gefangenschaft ungepflegte und unterernährte Gestalten, viele mit asiatischen Gesichtern, - tatsächlich ein trostloser Anblick. Nach Aussage der Bewachungsmannschaft (die nicht von der Marine gestellt wurde) haben sie sich in Bensersiel erst gesträubt, das Schiff zu betreten; sie befürchteten, in der Nordsee ertränkt zu werden.

Wie ich hörte, soll das Essen ausreichend sein. Aber der tägliche Zug zu und von den Arbeitsstellen, durch Wachkommandos begleitet, war ein Zug des Elends und von Mitleid erregend. Jedes Stück Abfall aus der Küche wurde aufgegriffen und verzehrt. - Es wird erzählt, dass sie bei einer Firma 25 Pfund Schmierfett aus einem Eimer gegessen und auch Rohöl getrunken hätten. Auch Teer und Asphalt aus den Fugen der Betonstrasse sollen sie gekaut haben. Erkrankungen und Todesfälle waren die Folgen gewesen. Ich kann's fast nicht glauben!

Selbst beobachtete ich aber, wie sie unseren Müllkübel revidierten, wenn sie abends an der Schule vorbeikamen. Faule Tomaten oder was sonst als Abfall darin war, wurde verzehrt. Als bei der Meierei am Ostende ein totgeborenes Kalb vergraben worden war, haben die dort beschäftigten Russen es in der Dunkelheit wieder ausgebuddelt und es roh verzehrt. Als bei der Wirtschaftsbaracke ein krepiertes Schwein vergraben worden war, haben die Russen es wieder herausgeholt und gegessen. Ebenso rissen sie Feldbohnen, Kartoffeln und Runkelrüben aus. Davon musste sie ja krank werden! -

Bei der Arbeit machten sie schlapp, teilweise weil sie unterernährt sind, andererseits, weil sie verdorbene Lebensmittel verzehren. -

Die Wachmannschaften erzählen, dass bei ihnen wenig Kameradschaft herrscht. Ist mal einer bei der Arbeit krank oder schlapp geworden, kümmern sie sich nicht um ihn und lassen ihn einfach liegen. Sie müssen immer erst mit Gewalt getrieben werden, ihre Kameraden mitzuschleppen. Das sind bei dem abendlichen Zug vom Flugplatz durchs Dorf ins Lager immer eine ganze Menge. Beim Verladen von Kartoffeln auf dem Bahnhof haben die Russen, wenn sie sich unbeobachtet glaubten, rohe Kartoffeln gegessen. Alles, was ihnen essbar erschien, wird verzehrt, z.B. viele Sanddornbeeren. Ein Russe wurde nach dem Genuss von Beeren des schwarzen Nachtschattens sehr krank.

(Windemuth, Schulleiter und stellvertretender Bürgermeister: "Chronik der Inselgemeinde Langeoog", zitiert in: JÜRGENS, S. 251 f; Kopie im Gemeindearchiv Langeoog.)


Anfang August kamen die ersten Russen an, es waren 450 Mann. Sie sollten hier zum Arbeitseinsatz kommen, weil ein Teil der bisher hier weilenden französischen Kriegsgefangenen zum Ernteeinsatz ans Festland gekommen ist. Wir waren sehr gespannt, ob sie wohl so aussahen, wie die Zeitschriften und Wochenschauen sie uns zeigten. Es waren zerlumpte und durch die Gefangenschaft ungepflegte und unterernährte Gestalten, viele mit asiatischen Gesichtern, - tatsächlich ein trostloser Anblick. ...

Kleine Begebenheiten will ich anführen, was die Russen sich hier alles leisteten. Wie ich hörte, soll das Essen ausreichend sein. Aber der tägliche Zug zu und von den Arbeitsstellen, durch Wachkommandos begleitet, war ein Zug des Elends...

Sie sprangen plötzlich aus der Reihe, um einen Zigaretten- oder Zigarrenstummel aus der Gosse zu holen. Jedes Stück Abfall aus der Küche wurde aufgegriffen und verzehrt. ...

Es wird erzählt, dass sie bei einer Firma 25 Pfund Schmierfett aus einem Eimer gegessen und auch Rohöl getrunken hätten. Auch Teer und Asphalt aus den Fugen der Betonstrasse sollen sie gekaut haben. Erkrankungen und Todesfälle wären die Folgen gewesen. Ich kann's fast nicht glauben! Selbst beobachtete ich aber, wie sie unseren Müllkübel revidierten, wenn sie abends an der Schule vorbei kamen. Faule Tomaten oder was sonst als Abfall darin war, wurde verzehrt. Als bei der Meierei am Ostende ein totgeborenes Kalb vergraben worden war, haben die dort beschäftigten Russen es in der Dunkelheit wieder ausgebuddelt und roh verzehrt. Als bei der Wirtschaftsbaracke ein krepiertes Schwein vergraben worden war, haben die Russen es wieder herausgeholt und gegessen. Ebenso rissen sie Feldbohnen, Kartoffeln und Runkelrüben aus. Davon mussten sie ja krank werden! - Wenn gerade kein Wachtposten in der Nähe ist, gehen die Russen auch in die Häuser und betteln. Bei der Arbeit machen sie schlapp, teilweise, weil sie unterernährt sind, andererseits, weil sie verdorbene Lebensmittel verzehren. ...

Anfangs bekamen die Russen ihre Tagesration am Morgen. Die haben sie dann aber gleich aufgefuttert, so dass sie abends schlapp machten. Jetzt wird die Ration geteilt und in Mahlzeiten ausgegeben. Den Transport ihrer Toten machen sie sich sehr einfach. Sie banden ihnen Hände und Füsse zusammen, steckten eine Stange hindurch und , schleppten sie so fort. - Ich weiss nicht, wie die Verpflegung ist, aber Essen scheint ihnen die Hauptsache zu sein. Viele Möwen und Igel haben dran glauben müssen. Beim Verladen von Kartoffeln auf dem Bahnhof haben die Russen, wenn sie sich unbeobachtet glaubten, rohe Kartoffeln gegessen. Knochen, die sie fanden, nahmen sie mit ins Lager. Ein Zöllner beobachtete, dass einer eine Raupe gegessen hat; auch Ratten sollen sie verspeist haben. Alles was ihnen essbar erscheint, wird verzehrt, z.B. viele Sanddornbeeren. Ein Russe wurde nach dem Genuss von Beeren des schwarzen Nachtschattens sehr krank.

Das Wort "Arbeit" verstehen sie nicht. Wenn man aber sagt "Brot" oder "Tabak", dann verzieht sich ihr Gesicht zu einem Lachen.

(Windemuth, Schulleiter und stellvertretender Bürgermeister: "Chronik der Inselgemeinde Langeoog", zitiert in: JUNK, S. 38 f.)


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