August Macke im Krieg

Macke wurde Anfang August 1914 eingezogen zum Infanterieregiment 160 (= 9. Rheinisches IR). Bei dieser Einheit hatte er in Bonn vom 1.10.1908 bis zum 30.9.1909 seinen Dienst als "Einjährig-Freiwilliger" [1] geleistet. Seine 5. Kompanie geht am 8. August 1914 an die Westfront, nach Frankreich: Porcheresse, Bièvre, Montgon, Lissy, Luxémont und Vitry sind - nach seinen Feldpostkarten - die ersten Stationen [2]. Macke nimmt teil an der sog. Marne-Schlacht.

Bei Chalons trifft er seinen Schwager Walter Gerhardt am 4.9.14: Walter beschreibt ihn als "traurig". Macke selbst benutzt in seinen Feldpostkarten und -briefen an Elisabeth ab dem 23. 8. Wörter und Wendungen wie "schauderhaft" (23.8.14), "schauerlich"(24.8. und 29.8.14), "grausig"(1.9.14), "schrecklich" (7.9.14), "grauenhaft" (9.9.14), "sehr grausig" (11.9.14), "schrecklich", "das Grausigste, was ein Mensch erleben kann" (21.9.14). Er ahnt, dass seine Überlebenschance gering ist: "Ich würde es als ein unerhörtes Glück betrachten, wenn ich aus diesem Krieg zurückkäme. Ich denke an all das Schöne, was ich schon erlebt habe, und was ich auch zum großen Teil Dir verdanke."(11.9.14) Neben dem Entsetzen über die eigenen deutschen Verluste schwingt auch Mitleid mit den schwer verletzten oder getöteten Franzosen mit.

Politische Äusserungen im engeren Sinne sind von August Macke nicht überliefert. Elisabeth verzeichnet zwei Reaktionen Augusts: "Was ihn sehr beschäftigte und ihn immer wieder ernst stimmte, war die Begegnung mit französischen Offizieren in Tunis [im April 1914], die in ihren Gesprächen einen baldigen Krieg mit Deutschland für möglich hielten."[3] Auch der Krieg auf dem Balkan 1911 habe ihn sehr erregt.

Macke ist oft genug im Ausland, vor allem in Frankreich, gewesen - der allgemein übliche deutsche Chauvinismus gegenüber dem "Erbfeind" oder der Hurra-Patriotismus dürften ihm völlig fremd gewesen sein. Bedrückt bis verzweifelt: so war, auch nach Elisabeths Erinnerungen, die Stimmung im Haus Macke. Seinem alten Schulfreund Lothar Erdmann "vermacht" er am Abend des Abschieds, dem 8. August 1914, "die Lisbeth, die Kinder und alles."[4] - sehr zu Elisabeths Überraschung.

Am 20.9. erhält er des Eiserne Kreuz II. Klasse, das er umgehend nach Hause schickt. Seine letzte Feldpostkarte, in der er um Schokolade, dicke Socken, Wäsche und Zigaretten bittet, ist vom 24.9.1914.

chalons die 160er auf dem Weg nach Süden
perthes der Frontverlauf bei Perthes

Am Samstag, dem 26.9., greifen die deutschen Truppen südlich von Perthes-lès-Hurlus die französischen Stellungen an. Dabei wird August Macke tödlich getroffen. In ihren Erinnerungen vermutet Elisabeth Macke, dass ihr Mann tot in die Hände der Franzosen gefallen ist. Das bestätigt auch das Regiments-Tagebuch von 1931.

An demselben 26.09. und an derselben Stelle rettet der französische Sergeant Pierre Léonce Trenque (* 1885) vom 209. Infanterie-Regiment seinen Leutnant aus dem Schützengraben unter dem Kugelhagel der deutschen Maschinengewehre; dafür erhält er einen Orden. Trenque, Soldat seit dem 03. August 1914, hat den Krieg überlebt.

 

August Macke ist beigesetzt auf dem deutschen Soldatenfriedhof von Souain-Perthes-lès-Hurlus. Perthes wird in der Folge noch heftig umkämpft - der Stellungskrieg hat schon längst begonnen. Von dem Ort ist heute nichts mehr übrig - ausser ein paar Steinen.

Nebenbei: Am selben 26. September 1914 ist nur wenige Kilometer weiter in Richtung Reims der unsägliche "Heimatdichter" Hermann Löns gefallen ...


[1] Photo des "Einjährigen" in der Biographie, S. 18 (=Schriftenreihe des Vereins August Macke Haus, Bonn, Nr. 3, 3. Aufl. 1996)

[2] nach: August Macke. Briefe an Elisabeth und die Freunde, München 1987, S. 326 ff. Vgl. Elisabeth Erdmann-Macke: Erinnerungen, S. 322 ff.

[3] a.a.O., S. 315.

[4] a.a.O., S. 320.

Kalenderblatt des DeutschlandRadio am 26.9.2004

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